Ein Leben für gutes Design: Peter Schmidt (1937-2025)
Foto/Grafik: Esylux
Peter Schmidts Entwurf der Leuchte „Prano“ für Esylux (2016)
Foto/Grafik: PR/Peter Schmidt
Schlicht und elegant: ikonischer Flakon für Jil Sander
Peter Schmidt trug einen Allerweltsnachnamen. Doch seine viele Jahrzehnte vorwärtstreibende Kreativität hat auf vielen Ebenen exzellente, markante Spuren hinterlassen. Mit dem im Alter von 87 Jahren verstorbenen Hamburger verliert die internationale Designwelt eine ihrer einflussreichsten – und vielseitigsten – Persönlichkeiten. Schmidt war Markengestalter, Verpackungsdesigner, Einrichtungsästhet, Regisseur, Künstler und ein unermüdlicher Verschönerer unseres Alltags. „Das Produkt sollte sich dem Menschen anpassen, nicht der Mensch dem Produkt“, umschrieb Peter Schmidt seine Philosophie 2016 in einem Gespräch mit der arcade-Redaktion. Damals genoss der knapp 80-Jährige längst Legendenstatus und nahm nach dem Verkauf seines stilprägenden Peter Schmidt Studios (2006) nur noch freie Aufträge an, „die seine Lust auf Neues“ herauskitzelten. Das war etwa die Arbeitsleuchte „Prana“ des Herstellers Esylux, und Schmidt gestaltete den gebogenen Aluminiumarm mit seiner klaren, eleganten Formsprache. „Die Leuchte trägt ein Höchstmaß an innovativer Technik in sich“, sagte Schmidt, „damit sie nicht wie ein Raumschiff aussieht, war hier die Kunst der Reduktion gefragt.“
Das Wesen von Dingen hervorbringen und alles Erklärende und kapriziöse Zur-Schau-stellen vermeiden – nach diesen Prämissen hat der Gestalter Peter Schmidt stets gehandelt. Und so bildete sich bei dem 1937 in Bayreuth geborenen Sohn eines Gärtners früh eine unverwechselbare Designsprache heraus. Nach dem Studium an der Werkkunstschule Kassel zog es den leisetretenden Franken in die Hansestadt Hamburg. Eine Stadt, wo gute Geschäfte gemacht werden, die weltoffen ist und Kunst sowie Design mit kühlem Understatement gefeiert werden. In seiner gemeinsam mit Waltraut Bethke gegründeten Marken- und Designagentur (1972) wurden viele, heute ikonische Entwürfe kreiert. Dazu gehören Flaschen für Mineralwasser und Wein, Kaffeeverpackungen, Staubsauger, markante Logos wie das für die Modemarke Jil Sander und seine Wahl-Heimatstadt Hamburg sowie rund hundert Parfüm-Flakons. Die schöne Berühmtheit unter ihnen: das Design für den ersten Duft von Jil Sander. Es war eine Seelenverwandtschaft, vereint im Streben nach Purismus. Der Flakon mit seiner kraftvollen Typografie und eindringlichen Schlichtheit setzte sich radikal von vorangegangenen, oft verschnörkelten Flakons ab. Und er brachte es Anfang der 1980er-Jahre bis in die Sammlung des New Yorker MoMA – eine von vielen hohen Auszeichnungen, die Peter Schmidt im Laufe seiner langen Schaffenszeit erhielt.
Peter Schmidt, der bescheiden gebliebene Superstar des Produktdesigns made in Germany, war ein Mensch, der mit seinem ästhetischen Empfinden die unterschiedlichsten Lebensbereiche durchdrang. Ein wacher Geist und unentwegt Suchender, der sich ständig neuen Herausforderungen stellte. Gutes Design war für ihn stets „mehr als eine schöne Hülle“. Und zudem ein hohes Kulturgut, so bedeutend wie ein Bauwerk oder ein Gemälde. So ging er konsequenterweise irgendwann dazu über, selbst Bühnenbilder (u.a. für das Opernhaus Zürich und das Ernst-Deutsch-Theater in Hamburg) zu entwerfen. Legendär und atemberaubend schön: die aufs Äußerste reduzierten Bühnenbilder, die er für seinen Freund und Wegbegleiter John Neumeier, langkähriger Choreograph des Hamburg Balletts, kreierte. Als Architekt, der aus seiner grenzenlosen Designsprache schöpft, profilierte er sich zudem mit der Neugestaltung des Foyers der Hamburger Staatsoper und dem Neubau des Konzerthauses in Bamberg.
Bis ins hohe Alter schmiedete Peter Schmidt Pläne, pflegte langjährige Freundschaften in der Kultur- und Designwelt, war ein gefragter Impulsgeber und Berater. Ein erfülltes Leben, das unseren Blick auf viele uns umgebende Dinge verändert hat.