"BIM-Daten können der Bauindustrie jetzt mehr denn je helfen"
Rohstoffknappheit und Materialmangel: Building Information Modeling (BIM) kann spätestens seit der Kostenexplosion von Materialien zum Enabler für die Bauindustrie werden. Denn zu keiner Zeit war es wichtiger, eine Übersicht über den Markt und seine aktuellen Möglichkeiten zu haben als heute. Die Voraussetzung hierfür: Digitalisierung. Mit zunehmendem Digitalisierungsgrad steigen für die Bauindustrie die Chancen, ihre Lösungen in den Plänen der Architekten zu verankern und dadurch öfter als Leitprodukt ausgeschrieben zu werden. Zudem lassen sich Informationen über Verfügbarkeiten und Lieferzeiten einfacher ergänzen. Laut dem BIM-Experten und CEO von Die Werkbank IT, Matthias Uhl (Foto), hinkt der Digitalisierungsgrad der Bauindustriezufolge in Abhängigkeit von der Unternehmensgröße anderen Branchen allerding noch hinterher. „BIM stellt eine der größten Chancen der letzten Jahrzehnte dar. Vom Entwurf bis hin zum Betrieb des Bauwerks lassen sich Prozesse und Schritte effizienter, günstiger und transparenter abbilden. Doch dafür müssen Baustoffhersteller ihre Daten jetzt digital aufbereiten und bereitstellen”, konstatiert Uhl, der mit BIM & More Orchestra eine BIM-Lösung für Hersteller entwickelt hat. Er nennt drei Gründe, warum Hersteller jetzt ihr Produktportfolio digital aufbereiten und Planern und Architekten BIM-Daten liefern müssen.
Erstens: Bau- und
Immobilienbranche sind bereits digital
Der Digitalisierungsgrad der großen Bau- und
Immobilienunternehmen in Deutschland hat in den vergangenen zwei Jahren eine
signifikante Größe erreicht. Die großen Player der Branche wie Drees &
Sommer, Goldbeck oder Zech machen zusammen einen großen Anteil des gesamten
Planungsvolumens aus. Sie haben sich mittlerweile schon so weit digitalisiert,
dass sie zunehmend auf digitale Produkte angewiesen sind. „Sie greifen aus einer
Notwendigkeit heraus auf die Produkte zurück, die in den führenden
Planungsprogrammen in den entsprechenden Detailtiefen zur Verfügung stehen”,
erklärt Uhl. Baustoffherstellern muss bewusstwerden, dass sie im digitalen
Kosmos nur existieren, wenn sie digital sichtbar sind. Gerade angesichts der
Liefer- und Materialengpässe ist die digitale Sichtbarkeit wichtiger denn je
für Planer, um über technische Spezifikationen hinaus Preise und
Verfügbarkeiten zu prüfen.
Zweitens: Alle
Zukunftstrends haben eine digitale Komponente
Bauweisen und Trends entwickeln sich zunehmend
aus der Digitalisierung heraus. Uhl: „Ob Modulbau, Nachhaltigkeit oder das
Thema Vorfertigung: Alle relevanten Ideen haben eine digitale Komponente. Ohne
Digitalisierung in Planung und Umsetzung geht es gar nicht.” Auch dies spreche
dafür, dass Hersteller ihre Daten jetzt digital liefern müssen, wenn sie an den
Megatrends teilhaben oder sie gestalten wollen. Mit der Menge an Daten erhöhen
sich für Planer und Büros die Kombinationsmöglichkeiten, mit denen sich nicht
nur neue bauliche Lösungen finden lassen. Zudem werden Alternativen sichtbar
bei anderweitigen Nichtverfügbarkeiten.
„Blicken wir exemplarisch auf den Megatrend
Nachhaltigkeit am Beispiel des Building Circularity Passports im Koalitionsvertrag”,
nennt Uhl ein anderes Beispiel aus dem Klimaschutz. Die Bundesregierung habe
mit dem Building Circularity Passport das Thema Kreislaufwirtschaft als
verpflichtendes Element für die Zukunft im Koalitionsvertrag verankert. Erst
der Zugang zu transparenten Produktinformationen erlaubt Überlegungen zur
Kreislauffähigkeit. Ohne Informationen zur stofflichen Zusammensetzung,
Herstellungsweise, Lebensdauer, Reparaturfähigkeit und Verwertungsoptionen der
Produkte funktioniert die Circular Economy nicht. „Produktinformationen bilden
die Basis für einen Übergang zur Kreislaufwirtschaft”, so Uhl. Noch gebe es
keine Gesetze, aber sie würden bald kommen. Die ersten Kommunen in Deutschland
wollen unabhängig von der Gesetzgebung für ihre Neubauten den Building
Circularity Passport einführen. Bei allen neuen Schulen, Kindergärten oder
Bürogebäuden werden Produkte erforderlich, deren Kreislauffähigkeit bewertet,
berechnet und zertifiziert wurde.
Drittens:
Komplexität der Planungsprozesse steigt und damit der Datenbedarf
Die Anforderungen an Planungsprozesse und dadurch an
Planer im Sinne von Nachweisen und Berechnungen werden immer komplexer. Planer
und Architekten öffnen sich deshalb zunehmend für Unterstützung aus der
Industrie. „Während heute Nachweise in Sachen Kreislaufwirtschaft eine immer
größere Rolle spielen, waren es früher bauphysikalische Anforderungen wie
Energieverbräuche, etwa bei der Energieeinsparungsverordnung (EnEV), bei
Passivhaus-Berechnungen oder Plusenergiehaus-Konzepten. Diese Themen erfordern
aufseiten der Planer ein neues Maß an Datenmenge und Informationsqualität”,
erläutert Uhl. Dieser Bedarf würde weiter zunehmen. Auch dieser Umstand
verlangt von der Industrie, jetzt Daten digital zur Verfügung zu stellen. „Nie
waren Produktinformationen von der Industrie populärer als heute. Nie war es
für Hersteller einfacher, Akzeptanz bei Planern zu erreichen”, resümiert der
BIM-Datenexperte.